Unserer Verdauungstrakt, vom Mund bis zum After, ist wie unsere Haut eine Barriere zu unserer Außenwelt. Vereinfacht kannst du dir vorstellen, dass der gesamte Verdauungstrakt sich wie ein Wasserschlauch - mal dicker, mal dünner - durch unseren Körper schlängelt. Nur ist unser Schlauch nicht dauerhaft hermetisch abgeriegelt, sondern lässt ab und zu auch Dinge durch die Wand hindurch passieren – in unser Inneres. Dies kann unser Körper eigenständig steuern, ohne unser willentliches Einverständnis. Je nach Bedarf und äußeren Umständen kann so die Versorgung mit den lebensnotwendigen Stoffen gesichert werden. Der Lebensstil, psychoemotionale Faktoren, spezifische Erkrankungen oder genetische Komponenten können die Barrierefunktion des Darms beeinflussen. Stress ist hierbei ein entscheidender Faktor, der die Öffnung der Barriere fördert. Befindet sie sich zu häufig in einem geöffneten Zustand, so spricht man in der Fachsprache von einer Hyperpermeabilität. Wenn nun die Darmbarriere sich zu oft öffnet oder teilweise zerstört ist, kann ein Leaky gut (durchlässiger Darm) entstehen und weitreichende Folgen mit sich bringen.
Warum ist für mich der Darm so zentral für unsere Gesundheit und Wohlbefinden? In den nächsten Artikeln schauen wir uns dieses faszinierende Organ etwas genauer an.
Lasst uns heute mit dem Käsebrot auf Reisen gehen - in unser dunkles Inneres:
Unsere Nahrung beginnt ihre Reise im Mund. Dort wird das Essen zerkleinert, eingespeichelt und schließlich weiter über die Speiseröhre in den Magen transportiert. Doch bereits über die Mundschleimhaut werden einige Bestanteile in unser Inneres aufgenommen. Deswegen beginnt unsere Verdauung im Mund. Dafür sorgen beispielsweise die im Speichel enthaltenen Alpha-Amylase-Enzyme, um Kohlenhydrate „vorzuverdauen“. Wer schon mal eine gute Minute lang eine Scheibe Brot zerkaut hat, wird sich erinnern, dass mit der Zeit ein süßlicher Geschmack entsteht. Das ist der Fall, wenn komplexe Kohlenhydrate in kleinere (Zucker-)Moleküle gespalten werden.
In den verschiedenen Abschnitten des Verdauungstraktes herrschen unterschiedliche Ph-Werte und das ist auch gut so. Denn die verschiedenen Schritte brauchen ihr spezielles Umfeld, damit die biochemischen Reaktionen stattfinden können. Somit ist jedoch die Aussage „ich bin heute sauer” sehr verallgemeinert. Der Magen empfängt den Essensbrei, durch seinen Magensaft, mit einem recht sauren Milieu (niedrigen PH-Wert). Dies ist u.a. wichtig, damit Krankheitserreger abgetötet werden.
Zum einen dient der Magen als Zwischenspeicher, damit nicht alles gleichzeitig weitertransportiert wird. Und zum anderen ist er für die Zerkleinerung und das Aufbrechen von Strukturbausteinen zuständig. Portionsweise gelangt nun der Nahrungsbrei in den Zwölffingerdarm (erster Teil des Dünndarms) und hinzu kommen die Verdauungssäfte der Bauchspeicheldrüse und der Gallenblase, mit enthaltenen Verdauungsenzymen. Diese sind wichtig, um die Nahrung in eine wässrige Lösung mit energiereichen Substanzen zu zerkleinern. Im Dünndarm findet überwiegend die
Aufnahme der Nährstoffe in den Blutkreislauf statt. Hierfür benötigen wir eine Fläche, die hundertmal größer ist als unsere Haut. Mit all den Falten und Zotten in der Darmwand entsteht eine Oberfläche von schätzungsweise bis zu 400-500qm auf einer Länge von 7m. Somit ist der Darm das größte Organ des menschlichen Körpers. Diese Fläche muss gut verteidigt und kontrolliert werden. Hierfür haben wir zwei zentrale “Prüfstellen”. Zunächst werden alle Substanzen im Darmlumen, eigentlich noch außerhalb des Körpers, über Nervenenden wahrgenommen und dann vom Immunsystem nach giftigen und schädlichen Stoffen untersucht.
“ über die Hälfte der Immunabwehr findet im Dünn- und Dickdarm statt “
Nach dem Passieren in das Innere des Körpers, fließt das Blut von allen einzelnen Zotten mit seinen aufgenommenen Nährstoffen Richtung Leber. Dort findet die zweite wichtige Kontrolle und Entgiftung statt, bevor es in unseren Blutkreislauf gelangen darf.
Nur der Fettanteil des Käsebrotes wird teilweise anders aufgenommen. Da Fett nicht wasserlöslich ist, kann es nicht direkt in die Blutbahn aufgenommen werden. Die Aufnahme von Fett geschieht (mit Ausnahme der kurzkettigen Fettsäuren) über das Lymphsystem. Durch chemische Prozesse werden die Fette “transportfähig” angeordnet, sodass über die Lymphgefäße hinter der Darmwand die Fettmoleküle aufgenommen werden und mit der Lymphflüssigkeit in Richtung Herzen befördert werden. Hier liegt ein großer Unterschied. Denn somit umgeht das aufgenommene Fett die zweite Prüfstelle und wird vom Herzen direkt in den ganzen Körper gepumpt. Das heißt nicht, dass die Leber nicht im späteren Verlauf trotzdem diese Fette auf Gifte untersucht. Nur für uns ist es wichtig zu verstehen: Jedes Fett – vom billigen Fritteusen-Fett bis hin zum hochwertigen Olivenöl – alles kommt direkt mit unserem Herzen und Gefäßen in Kontakt. Und so wird bereits deutlich, welchen Effekt wir durch unsere alltägliche Ernährungsweise auf den Körper haben.
Wie kommt nun das Käsebrot als Energielieferant zu unserer Muskelzelle?
Um die einzelnen Bausteine auf richtige Art und Weise zu ihrem Ziel zu befördern, bedarf es ein paar Mechanismen, die den Transport steuern. Während Aminosäuren und Glucose wasserlösliche Substanzen sind, bedarf es bei den wasserunlöslichen Fetten ein “Taxi”, dass diese durch die Blutbahn leitet. Gäbe es diese nicht, hätten wir schnell ein großes Problem, was den Blutfluss im Gefäßsystem angeht.Während Aminosäuren häufig in der Leber umgebaut, abgebaut oder zur Herstellung anderer Moleküle genutzt werden, dient die Glucose als direkter Energiebaustein. Um diese aus der Blutbahn in die Muskelzelle zu transportieren, benötigt es einen “Türöffner” - Insulin. Es ist der Schlüssel für das “Zellschloss” und ermöglicht so, die Glucosemoleküle in das Zellinnere zu verlagern. Auch die transportieren Fette gelangen durch ihre Taxis in die Zelle. Nun folgt der letzte große Schritt zur Energiefreisetzung: Das Einschleusen der Energieträger in das Mitochondrium. Dort werden die Fettsäuren und Glucosemoleküle durch mehrere biochemische Prozesse mittels Sauerstoffzufuhr in energiereiches ATP umgewandelt. ATP ist am Ende das Produkt, was all unsere Zellen als Antriebsmittel benötigen. Nebenbei entstehen die beiden “Abfallprodukte” Wasser und Kohlenstoffdioxid (Zum besseren Verständnis habe ich die aerobe Energiegewinnung hier nur in stark vereinfachter Form beschrieben.).
Jedoch gewinnen wir nicht nur aus dem Käsebrot Energie – auch für Fastenphasen hat der Körper mit anderen Strategien zur Generierung von Energieträgern vorgesorgt. Bezüglich dieser Strategien gilt nur wieder: use it or lose it. Diese weiteren Mechanismen werden wir in einem anderen Artikel beleuchten. Nur erinnere Dich, ständig essen ist auch keine gesunde Idee: Warum sind Blutzuckerwerte ein unterschätzter Faktor für Deine Gesundheit?.
Wir sind nicht allein in unserem Körper!
Zurück zum Darm: Nach dem Dünndarm wird der „Rest“ in den Dickdarm geschoben. Hier lebt der Großteil unseres Mikrobioms. Ob Bakterien, Viren oder Parasiten – Unsere Mitbewohner haben ein sehr vielfältiges Erscheinungsbild. Wer bis jetzt gedacht hat, wir haben uns vollständig “allein unter Kontrolle”, den darf ich darauf hinweisen, dass wir mehrere Milliarden Mitbewohner haben. Diese besitzen diverse Aufgaben, u.a. uns mit selbstproduzierten Vitaminen zu versorgen und kurzkettige Fettsäuren herzustellen. Dazu mehr im nächsten Blogbeitrag und zurück zum Dickdarm.
Dieser ist nicht nur Spezialist im Abtransport unserer verdauten Nahrung, sondern auch Spezialist für die Feinregulation unseres Elektrolythaushaltes. Das heißt er sorgt sich um das richtige Verhältnis von Wasser, Natrium, Kalium und Chlorid, indem er diese Ausscheidet oder Rückresorbiert.
Ein kleiner Teil des Dickdarms ist der Blinddarm mit seinem Wurmfortsatz. Der Blinddarm hilft bei der Aufspaltung faserreicher Nahrung und dient als Reservoir für Bakterien des Dickdarms. Seine lymphatischen Gewebe sind ein wichtiger Teil des Immunsystems. Somit ist auch die häufige Entfernung des Wurmfortsatzes eine Verringerung unseres wichtigen Reservoirs für Bakterien und Immunregulatorische Zellen.
Nun ist der Nahrungsbrei am Ende seiner Reise durch unseren Körper und gelangt ins Freie. Und damit sind wir beim nächsten Punkt:
Wie darf unser Stuhl ausschauen, riechen und sich formen?
Bis die Reise Ihr Ende findet, können schon auch mal ein paar Tage vergehen. Wir tragen folglich unser Essen eine ganze Weile mit uns herum. Die Stuhlkonsistenz, –form und -geruch kann uns sehr viel Informationen über die Verdauungssituation geben. Die Bristol Stool Skala gibt hierfür einen guten Anhaltspunkt.
Und wenn der Geruch, die Konsistent, das Aussehen manchmal, ab und zu oder ständig anders ist? Dann kann das viele unterschiedliche Ursachen haben. Dies erfährst du im nächsten Artikel.
Hier noch ein paar Buchempfehlungen:
Darm mit Charme - G. Enders, 2014
Kinderbuch: Die Kackwurstfabrik - M. Baseler & A. Van den Brink, 2018